Steckbrief
Benutzername:
Man77
Anmeldedatum bei Wikipedia:
24. März 2006
Vor allem aktiv auf:
de.wikipedia, sekundär Wikimedia Commons und Wikidata, sporadisch andere Sprachversionen und OpenStreetMap
Interview
Wie bist du dazu gekommen bei der Wikipedia mitzumachen?
Irgendwann beim Recherchieren für meine Matura-Spezialgebiete hab ich festgestellt, dass es auf der einen Seite im Internet, wo so viele tolle Sachen stehen, einen „Bearbeiten“-Button gibt. Nicht viel später hab ich festgestellt, dass der auch funktioniert. Dann kamen ähnliche Entdeckungen in der englischen und spanischen Sprachversion. Aus dem Herumprobieren, ob diese Buttons funktionieren, wurde nach und nach mehr. Geplant war mein Wikipedianer-Werden nicht, das ist dann einfach im Laufe der Zeit passiert. Selbiges gilt für die Frage, auf welche Weise ich mich einbringe: Auch das ist passiert, war nicht geplant.
Du bist in der Wikipedia unter anderem im Bereich außereuropäischer Weltgegenden aktiv. Kannst du uns etwas dazu erzählen?
Erstmals bewusst Wikipedia wahrgenommen hab ich, als ich 2005 in meinem Ferialjob langweilige Augenblicke dazu genutzt habe, Dinge zu googeln, darunter aus mir nicht erinnerlichen Gründen sibirische Städte. Zu denen gab es damals schon Artikel in Wikipedia und ich fand das toll. Ich bin generell jemand, der fremde Kulturen und Geschichte extrem spannend findet, und jemand, der es genießt, unterwegs zu sein und die „fremden“ Eindrücke aufzusaugen. Oft ist es erst dieser Umweg über das „Fremde“, der das „Eigene“ für mich spannend macht.
So geht es mir auch auf Wikipedia. Ich lese gerne querbeet in unserem Artikelbestand und irgendwo fällt mir etwas auf und dann ergänze ich eine Kleinigkeit oder ich bessere einen Fehler aus. Hin und wieder bleibe ich an so einem Fund länger hängen, dann und wann stellt man fest, dass sich sonst niemand um einen gewissen Teilbereich kümmert. Dann versuche ich mitunter nach bestem Wissen und Gewissen einzuspringen. Ebenso passiert es mir mitunter, dass ich außerhalb der Wikipedia Dinge finde, die mich interessieren, zu denen ich Informationen zusammentragen will, und die ich dann zu einem Wikipedia-Artikel forme. Abgesehen von gewissen Wartungsroutinen und dem Fernziel, über alle mexikanische Municipios einen Artikel zu haben, mäandriere ich gerne ohne konkretes Ziel durch die schier unendlichen Weiten des Wissens.
Hat sich deine Mitarbeit im Lauf der Zeit verändert? Und kannst du dich an ein prägendes Wikipedia-Erlebnis erinnern?
Ja. Am Anfang war ich ganz neu und hab alles erst lernen müssen und jetzt bin ich schon ziemlich verbraucht und muss immer noch viel lernen. In einer längeren Zeit (bei mir unglaubliche 15 Jahre) ändern sich nicht nur persönliche Interessen und Fähigkeiten, sondern auch der Zustand des Projekts selbst. Manches, womit ich mich früher beschäftigt habe, gibt es in der Form gar nicht mehr.
Nach meiner Einstiegsphase hatte ich mitunter den Luxus, mich wochenlang mit einem Themengebiet beschäftigen zu können. Seit einiger Zeit aber ist es eher eine Seltenheit, dass ich elaborierte Artikel schreibe. Derzeit liegt mein Arbeitsschwerpunkt auf Wikipedia eher darauf, lesend auf Ungereimtheiten zu stoßen und Routinen nachzugehen.
Prägende Erlebnisse gab es einige. Was mir augenblicklich einfällt, ist aber ein negatives Beispiel. Davon abgesehen gab es natürlich auch positive Highlights, vor allem die erste Wikimania-Teilnahme, die WikiCons und die teils von mir selbst mitorganisierten AdminCons behalte ich gerne in Erinnerung: Die Energie unserer Gemeinschaft und die Vielfalt an tollen Charakteren vor Augen geführt zu bekommen, kann schon prägend sein.
Nicht vergessen werde ich außerdem den Moment, in dem mir mitgeteilt wurde, dass ich mit einem Artikel über einen arabischen Buchstaben den Publikumspreis beim sogenannten Schreibwettbewerb gewonnen habe. Damit hatte ich absolut gar nicht gerechnet: Der Publikumspreis ging die Jahre zuvor immer an publikumswirksame Themen; die Vorstellung, mit so einem Exotenthema wie dem meinen den Publikumspreis zu gewinnen, war in meinen Augen einfach nur absurd. Als das trotzdem passierte, bin ich ein paar Minuten regungslos auf der Couch gesessen und hab „bist du deppert“ vor mich hingemurmelt.
Falls jemand wissen möchte, was das negative, prägende Erlebnis war: Ums Töten von Mitwikipedianerinnen und um das konsekutive Leichenschänden gebeten zu werden, vergisst man nicht so schnell.
Für wie wichtig hältst du den Austausch mit anderen Wikipedianerinnen und Wikipedianern, sei es online oder offline?
Für eher schon ziemlich. Und zwar online wie offline.
Damit du dich noch in 20 Jahren engagierst, müsste sich etwas in der Wikipedia ändern – oder eben nicht?
Bei der Frage muss ich an das Bonmot (oder eigentlich besser Malmot) „Ned gschimpft is globt gnuag“ denken. Bei dem Gedanken, dass sich etwas in der Wikipedia ändert, bin ich darauf konditioniert zu erwarten, dass sich das zuerst mal nicht positiv bemerkbar macht: Tools oder Kolleg(inn)en verschwinden, man spendiert uns dafür immer wieder mal neue Software, die leider im Alltag noch nichts taugt, und die Foundation hätte gern unsere „Marke“ usurpiert. Ich stelle überrascht fest, dass ich eigentlich stockkonservativ bin.
In Wahrheit ist die Sache mit der Kausalität für mich eine ganz andere: Ich bleibe nicht, weil sich etwas geändert hat. Gegebenenfalls aber verabschiede ich mich, weil sich etwas geändert hat. Jedenfalls weiß ich nicht, wie mein Leben abseits von Wikipedia in 20 Jahren aussehen wird. Und natürlich hoffe ich, dass sich Wikipedia an den richtigen Stellen verändert, dass wieder mehr engagierte Enzyklopädisten zu uns stoßen und sich gut ins Gefüge einbinden können.
Wer sind die Menschen, die ehrenamtlich zur Wikipedia beitragen? Anlässlich des 20. Wikipedia-Geburtstags holen wir engagierte Wikipedianerinnen und Wikipedianer in einer Interview-Serie vor den Vorhang.
Alle Beiträge gibt es hier zum Nachlesen.