Interviews mit dem WMAT-Vorstand: Die Schriftführer – das Gedächtnis der Organisation
Die beiden Schriftführer Beppo Stuhl und Michael Karolzak sind in mehr als einer Hinsicht das Gedächtnis unserer Organisation: Sie sind einerseits verantwortlich für die Dokumentation und Kommunikation der Vorstandsarbeit. Andererseits wirken beide schon seit über 10 Jahren für den Verein in dieser Rolle und tragen somit einiges an historischem Wissen über den Verein mit sich herum.
Michael Karolzak ist Elektroingenieur und Fachmann für Sicherheitstechnik – seine Leidenschaft für Qualitäts- und Risikomanagement bringt er in die Expert*innengruppe für Organisationsentwicklung ein und unterstützt daneben auch die Expert*innengruppe für Fotografie.
Beppo Stuhl war hauptberuflich im Non-Profit Bereich tätig und ist ein Wikipedianer der ersten Stunde. Seine Erfahrung in beiden Bereichen lässt er sowohl in die Vorstandsarbeit als auch in die Expert*innengruppen für Partnerschaften und Community einfließen.
Was waren für euch die Höhepunkte der Vorstandsarbeit in den vergangenen 10 Jahren?
Beppo: Ich stieß zur Wikipedia im Jahr 2004, als alles noch im Entstehen war. Damals gab es viele Highlights in der Pionierarbeit an der internationalen Online-Enzyklopädie. Wichtig waren für mich die persönlichen Treffen mit Wikipedianer*innen in Österreich, aus denen dann 2008 die Idee entstand, den Verein Wikimedia Österreich zu gründen. Seit damals gibt es die Möglichkeit, die Arbeit der Freiwilligen in Projekten wie Wikipedia, Wikimedia Commons, Wikidata, Wikivoyage oder Wikisource zu unterstützen.
Ein Höhepunkt in dieser Entwicklung war im vergangenen Jahrzehnt die Gründung unserer Geschäftsstelle als Anlaufstelle und Treffpunkt für alle, die sich für Freies Wissen engagieren. Für mich persönlich waren auch die Entwicklung von Wiki Loves Monuments zum größten Fotowettbewerb der Welt und die internationalen Events der Wikimania von großer Bedeutung.
Michael: Meine vergangenen zehn Jahre waren sehr spannend bis manchmal auch etwas dramatisch. Positiv war, dass für die meisten Herausforderungen eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann. Als Erfahrung mit dem letzten Vorstand zeigt sich auch, dass wir noch ein großes Potenzial bei der Arbeit an einer positiven Fehlerkultur haben. Positive Effekte gibt es in der Beteiligung der Community bei der Weiterentwicklung des österreichischen Wikimedia-Vereins. Nachdem die Freiwilligen schon lange über Planungs- und Ideenwerkstatt-Formate am Fortschritt des Vereins teilnehmen konnten, hat sich die Beteiligung von Expert*innen aus der Community zu verschiedenen Fachthemen in eigenen Gremien als weiterer Fortschritt und derzeitiger Höhepunkt herauskristallisiert.
Was macht für euch das Ehrenamt bei Wikimedia Österreich attraktiv und spannend?
Beppo: Vieles, was wir in der Wikipedia und im Vorstand von Wikimedia Österreich machen, hat vorher noch niemand so gemacht. Wissenssammlungen gibt es viele, aber die Kombination von freier Bearbeitung der Wissensdarstellung durch viele Menschen und die dadurch entfesselte Schwarmintelligenz mit offenem Zugang und freier Verbreitung scheint in unserem Jahrhundert einzigartig zu sein.
Michael: Es ist spannend und attraktiv, dass unsere Mitglieder und die Freiwilligen der Wikimedia-Projekte einen Einfluss auf die Fortentwicklung der Wikimedia-Bewegung in Österreich und in den internationalen Wikimedia-Organisationen erhalten. Genauso spannend ist es, den Wikimedia-Gedanken vom Freien Wissen in die Gesellschaft zu tragen. Dies ist speziell im persönlichen Umfeld faszinierend, weil viele Menschen das System hinter der Wikipedia nicht kennen und überrascht sind, dass sie über ehrenamtliche Arbeit entsteht.
Was ist euer liebstes Fun Fact über das Wikiversum im Allgemeinen oder die Wikipedia im Speziellen?
Beppo: Ohne Schrift gibt es keine Geschichte. Das muss ich täglich in der Bearbeitung von Wikipedia-Artikeln zur vorgeschichtlichen Zeit erfahren. Zwar gibt es zahlreiche megalithische Bauwerke aus dieser Zeit wie beispielsweise Stonehenge, aber mangels irgendwelcher schriftlicher Überlieferungen kann niemand sagen, wie sie gebaut wurden und wozu sie dienten. Das führt oft zu Diskussionen über „Theoriefindung“ auf den Wikipedia-Seiten. Daher bin ich froh, im Rahmen meiner Tätigkeit als Schriftführer bei Wikimedia Österreich alles schriftlich festhalten zu können. Ob im Kleinen oder im Großen, alles kann man später nachschlagen und auswerten. Während die Vorstandsmitglieder gemeinsam mit meinem Stellvertreter und mir an den Protokollen und Projekten arbeiten, um sie veröffentlichungsreif zu gestalten, schreiben wir (Vereins-)Geschichte.
Michael: Ob es nun ein Fun Fact ist oder nur eine freudige Überraschung. Jedenfalls gelingt es mir immer wieder im Rahmen meines Lehrauftrags, Studierenden, die aus der Schule Vorbehalte gegenüber Wikipedia mitbringen, diese Enzyklopädie als Einstieg in ihre Themen näher zu bringen. Dies zeigt sich besonders bei der Analyse des Quellenapparates vorlesungsrelevanter Wikipedia-Artikel.