Das Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien eröffnete unserer Community mannigfaltige Möglichkeiten, wie sich die zunehmende Gewichtung der materiellen Kultur in den Wissenschaften auch über die Wikipedia vermitteln lässt.
Traditionelle Enzyklopädien wie Meyers Konversationslexikon lieferten noch kulturgeschichtliche Perspektiven zu einzelnen Werkstoffen, ihrer Verwendung und Verarbeitung in den Künsten. Innerhalb der historischen Kulturwissenschaften wurde dieser Blickwinkel im Laufe des 20. Jahrhunderts lange vernachlässigt. Erst seit den 1990er Jahren traten das Einzelobjekt, seine Geschichte, Materialität, Herstellung und Funktion erneut ins Blickfeld. In der Wikipedia bildet sich dieser Wissensbereich noch weniger ab. Wie lässt sich das ändern?
Mit der kuwiki. AG Kunstwissenschaften + Wikipedia gibt es seit 2021 eine Initiative, die aktiv dazu beiträgt, dass die Kunstwissenschaften die Wikipedia als Wissensspeicher, Arbeitsinstrument und wichtiges Medium der Wissenskommunikation anerkennen. Diese Arbeitsgemeinschaft traf sich im Herbst 2024 zu einer mehrtägigen Hybridveranstaltung in Wien, um den oben skizzierten Themenkomplex anzugehen. Im Nachgang entstanden einige neue und verbesserte Wikipedia-Artikel sowie detaillierte fotografische Dokumentationen von Einzelobjekten aus dem MAK.
Das renommierte und nicht zuletzt für seine gesellschaftliche Verankerung bekannte Museum erwies sich als außerordentlich offener und wertvoller Kooperationspartner. Bei einer Sonderführung vor Ort stellten Leitung und Teammitglieder der Abteilung Restaurierung und Werkstätten persönlich ausgewählte Einzelobjekte vor. Dazu zählten beispielsweise die Marketerietafeln von Januarius Zick und David Roentgen und der Kunstschrank aus der Manufaktur David Roentgen, über die dann in weiterer Folge neue Wikipedia-Artikel entstanden. Neben von Wikipedia-Aktiven gemachten Fotos von Objekten stellte auch das MAK selbst eigene Bilder unter einer freien Lizenz zur Verfügung.
Die Abteilung Bibliothek und Kunstblättersammlung gestattete persönliche Einblicke in ihre Bestände und bereitete eine sorgfältige Literaturauswahl vor, mit der dann bei einer Schreibwerkstatt vor Ort gearbeitet werden konnte. Dadurch konnte etwa der neue Wikipedia-Artikel über den Wiener Möbeldesigner Moritz Herrgesell maßgeblich an Profil gewinnen.
Zusätzlich nahmen mehr als zwei Dutzend Wikipedia-Ehrenamtliche aus dem deutschsprachigen Raum an vom MAK gestalteten virtuellen Fachvorträgen im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe GLAM digital teil. Dieser speziell auf Möbel und Holzarbeiten ausgerichtete Online-Termin vermittelte das breite Spektrum an musealen Tätigkeiten des MAK: von der Aufbewahrung und Präsentation der Glanzstücke der Möbelkunst über die Restaurierung anhand praktischer Beispiele bis zur wissenschaftlichen Verwendung von Archivbeständen. Jenseits der schon abgeschlossenen Einzelergebnisse konnte so ein Grundstock für eine fortgesetzte inhaltliche Auseinandersetzung gelegt werden.
Die obige Auswahl von im MAK aufgenommenen Fotos zeigt:
(1) Sonderführung zu Einzelobjekten
(2) Besuch der Bibliothek
(3) Schreibwerkstatt im Kaminzimmer
(4) Detail Marketerietafel (Inventarnr. H-267)
(5) Glasdach mit allegorischen Darstellungen kunsthandwerklicher Tätigkeiten von August Eisenmenger (1871/1874)
(6) Detail Roentgenschrank (Inventarnr. H-269)
(7) Detail Zwettler Tafelaufsatz (Inventarnr. KE-6823-6)
(8) Detail Bibliothekstisch (Inventarnr. H-1185a)
(9) Detail Lyrasekretär (Inventarnr. H-2027)