Lehrbeauftragter am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften der Universität Wien, Professor für Kulturwissenschaft an der Paneuropäischen Universität Bratislava
Seit rund eineinhalb Jahren arbeitet Wikimedia Österreich eng mit der Universität Wien zusammen. Ziel ist es, mehr von dem vielfältigen Wissen, das an Universitäten entsteht über Wikimedia Projekte wie Wikiversity oder Wikipedia zugänglich zu machen sowie junge Menschen für die Idee Freien Wissens zu begeistern und zur Mitarbeit zu motivieren. Zusammen mit Friedrich Schipper und zahlreichen freiwilligen Mentoren entwickeln wir Formate zur Einbindung von Wikimedia in die universitäre Lehre – aktuell wurde bereits das zweite gemeinsame Semesterprojekt abgeschlossen. Im Interview berichtet er was diese Kooperation aus seiner Sicht interessant und spannend macht.
Wieviel Don Quijote steckt im Bemühen um neuartige Lehrformate und welche Windmühlen gilt es zu besiegen?
Um ehrlich zu sein: es ist nicht so schlimm. Natürlich ist es immer auch mit Mühen verbunden, etwas Neues zu implementieren. Das ist aber wohl überall so. An jeder Universität, in jeder Firma, in jeder Organisation. Das Rektorat der Universität Wien hat sofort positiv auf unsere Initiative reagiert. Die meisten KollegInnen in der Universitätslehrerschaft und gerade auch unter den angesprochenen StudienprogrammleiterInnen haben ebenfalls positiv reagiert. Natürlich gibt es vereinzelt auch solche, die Vorbehalte gegen Wikipedia haben. Und es gibt auch einige, die sich nicht für diese Initiative interessieren.
Die verschiedenen Einträge in Wikipedia sind mittlerweile über weite Strecken sehr zuverlässig und von hoher Qualität. Man rennt also in der Bildungslandschaft zumeist offene Türen ein, wenn es um Wikipedia geht. Offenes Wissen – seine Erzeugung und seine Nutzung – sind auch im tertiären Bildungssektor sowie in Wissenschaft und der universitären Forschung ein wesentlicher Faktor der Kommunikation und der Wissensverbreitung. Beispielsweise ist für den FWF, die österreichische staatliche “Forschungsförderbank”, die Präsentation der Ergebnisse eines Forschungsprojekts als Open Source ein wesentlicher Faktor der Evaluierung in der Antragsstellung bzw. Bewilligung von Forschungsanträgen.
Im Wesentlichen ist unser Vorschlag einer Wikipedia-Initiative an der Uni Wien auf fruchtbaren Boden gefallen. Die ersten Ergebnisse sind überaus zufriedenstellend. Nun stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit unserer Initiative. Und diesbezüglich müssen wir unsere bisherigen Partner an der Uni motivieren weiterzutun. Die Anzeichen dafür, dass uns dies gelingen wird, sind sehr gut.
Was macht Wikimedia Österreich zu einem guten Partner wenn es um neue Zugänge zu Bildung und Wissenschaft an Hochschulen geht?
Zunächst ist Wikipedia als Hauptprojekt von Wikimedia sehr bekannt, sehr weit verbreitet und wird sehr intensiv genutzt. Auch an Schulen und Universitäten – von SchülerInnen und Studierenden wie auch von Lehrenden, beruflich und privat. Doch kaum ein Nutzer weiß, wer oder was hinter Wikipedia steckt. Wenn man dann die Community und ihre Mitglieder kennenlernt, ist das faszinierend – für mich sowie wohl für die meisten. Es ist faszinierend unprätenziös und einfach – wobei die Tatsache, dass man sich als Österreicher nicht an Deutschland wenden muss, sondern an einen lokalen Partner in Wien, die Schwelle noch weiter senkt. Wikimedia Österreich wird damit zu einem potenziellen Partner, der leicht zugänglich ist und selber an Kooperationen Interesse zeigt.
Was war dein persönlicher Höhepunkt in der bisherigen Zusammenarbeit?
Ich weiß nicht, ob man sinnvollerweise einem oder mehreren Höhepunkten sprechen kann. Natürlich ist die gemeinsame öffentliche Abschlusspräsentation unseres ersten Lehrveranstaltungsprojekts an der Kommunikationswissenschaft im Juni 2015 gewissermaßen ein erster Höhepunkt gewesen. Die Zusammenarbeit ist aber eine ständige und selbst wenn sie streckenweise auch mühsam sein kann, ist sie nie frustrierend, sondern immer spannend.
Auf welche neuen Ideen und Projekte für die kommenden Monate freust du dich besonders?
Unsere kommenden Lehrveranstaltungsprojekte, ebenfalls an der Kommunikationswissenschaft der Uni Wien, werden sicherlich zeigen, ob wir unsere Initiative auf eine solide Basis gestellt haben – oder das Ganze eher auf noch tönernen Füßen steht. Wir haben bereits wichtige Erfahrungen gesammelt und müssen diese nun professionell umsetzen, um einen nachhaltigen Erfolg zu garantieren. Ich freue mich darauf, wenn wir am Ende sehen können, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben, und der Zuspruch auch seitens der Kollegenschaft und der Leitung sowie der Hochschülerschaft an der Uni Wien anhält und unsere Initiative sich verstetigt.
Vielen Lesern der Wikipedia ist nicht bewusst, dass es hinter der Webseite eine Community aus Autoren, Fotografen und Codern gibt bzw. Wikimedia Vereine, die diese in ihrer Arbeit unterstützen. Wie würdest du diesen Leuten die Community und die Zusammenarbeit mit ihr in wenigen Worten beschreiben?
Ha. Nun, sehr bunt, würde ich sagen. Die Community ist jung und alt, männlich und weiblich, leise und laut, lustig und besonnen, offen und kontaktfreudig, kompetent, flexibel und neugierig. Reicht das für einen Erstbefund?