ORF.wie wiki – eine Initiative zur Zukunft des ORF
Neue Kampagne von Wikimedia Österreich zeigt Vorteile freier Lizenzen für öffentlich-rechtliche Medieninhalte auf
Öffentlich-rechtliche Inhalte überzeugen durch ihre Qualität und haben nicht umsonst ihren festen Platz auf jeder Fernbedienung. Doch die Art und Weise, wie und wo wir Informationen suchen und konsumieren, hat sich drastisch verändert: Das Internet ist heute die Informationsquelle Nummer 1. Doch gerade hier fehlt es den öffentlich-rechtlichen Formaten an Reichweite – sie können trotz Qualität und Bekanntheit ihr digitales Potenzial noch nicht ausschöpfen.
Mit der Wahl der neuen Generaldirektor*in im August wird auch das nächste Kapitel der Geschichte des ORF aufgeschlagen. Egal wer gewählt wird und unabhängig von einem etwaigen neuen ORF-Gesetz, steht dabei eines fest: Die Zukunft des ORF wird eine digitale sein. Es gilt, die Chancen digitaler Technologien bestmöglich zu nutzen, um die Legitimation und gesellschaftliche Bedeutung des ORF langfristig zu sichern. Dabei lohnt sich der Blick auf erfolgreiche und reichweitenstarke Digitalprojekte und Communities wie die der Wikimedia-Bewegung: Die Wikipedia und ihre Schwesterprojekte gelten als Paradebeispiele für erfolgreiche Wissensvermittlung im 21. Jahrhundert. Der Schlüssel zum Erfolg lautet hier „Freies Wissen durch Freie Lizenzen“.
Mit unserer Initiative ORF.wie wiki möchten wir daher an konkreten Beispielen zeigen, welche Vorteile freie Lizenzen und damit eine gesteigerte Präsenz öffentlich-rechtlicher Inhalte für die Gesellschaft haben: Die Bekämpfung von Desinformation, die Bereicherung von Unterrichtsmaterialien für unsere Kinder und Jugendlichen und nicht zuletzt breite gesellschaftliche Teilhabe an Bildungsinhalten sowie die Erschließung jüngerer Zielgruppen. Jedem dieser Aspekte haben wir im Rahmen unserer Kampagne ein Gesicht und eine Geschichte gegeben, die stellvertretend für ganze Communities oder gesellschaftliche Gruppen den Mehrwert freier Inhalte erklären.
Vorschläge zur konkreten Umsetzung
Um den neuen ORF-Player zu einer echten Public-Service-Plattform werden zu lassen, braucht es eine Partnerschaft mit gemeinwohlorientierten Medien und Ökosystemen. Eine verbesserte Nachnutzung der Inhalte durch freie Lizenzen und dauerhafte Verfügbarkeit im Netz stellen eine wichtige Grundlage für die Zusammenarbeit dar:
- Verträge mit Kreativen und Content-Liefernden sollten künftig wo immer möglich so gestaltet werden, dass Interviews, Aufnahmen, Bilder und Grafiken direkt zur einfachen Nachnutzung freigegeben werden können.
- Um einen Anreiz zu schaffen, Inhalte mit freier Lizenz dauerhaft zur Verfügung zu stellen und auf Wiederholungshonorare zu verzichten, sollten Kreative, die frei lizenzierte öffentlich-rechtliche Inhalte produzieren, einen Bonus erhalten.
- Ähnlich wie im wissenschaftlichen Bereich könnte die Einrichtung von Open Access Beauftragten in den Rundfunkanstalten den Einsatz freier Lizenzen durch Beratungs- und Fortbildungsangebote fördern.
- Öffentlich-rechtliche Inhalte sollten dauerhaft online auffindbar sein, nicht wie aktuell nur 7 Tage nach Ausstrahlung.
Erste erfolgreiche Kooperationen in Deutschland
Erste Pilotprojekte in Deutschland mit frei-lizenzierten Clips der ZDF-Dokureihe „Terra X“ unterstrichen zuletzt das öffentliche Interesse an plattformübergreifenden Zugriffsmöglichkeiten. So wurden z.B. Ausschnitte zum Thema Klimawandel seit Einbindung in der Wikipedia im Durchschnitt täglich mehr als 7.000 Mal angesehen. Insgesamt werden die rund 150 kurzen Terra-X-Clips alleine in der Wikipedia über eine Million Mal pro Monat abgerufen. Die offene Lizenz erlaubt auch, dass Freiwillige Untertitel in anderen Sprachen ergänzen, und leistet so einen Beitrag zu einer mehrsprachigen europäischen Öffentlichkeit.
Wikimedia Österreich Geschäftsführerin Claudia Garád: „Um sich gegen bereits bestehende Streaming-Giganten dauerhaft durchsetzen zu können, braucht der ORF Verbündete für seine Digitalstrategie. Wir sind gerne bereit unsere Erfahrung aus 20 Jahren erfolgreicher Wissensvermittlung im Internet einzubringen und freuen uns über die Chancen, die sich daraus für Freies Wissen in Österreich und Europa ergeben.“
Über Freie Lizenzen
Offene oder freie Lizenzen sind standardisierte Lizenzverträge, die Inhalte für alle frei zugänglich und nutzbar macht und außerdem dafür sorgen, dass diese von allen frei modifiziert und geteilt werden können. Dabei gibt es verschiedene Abstufungen: Sowohl die Creative-Commons-Lizenzen CC BY als auch CC BY-SA räumen Nutzenden das Recht ein, ein Werk zu teilen, zu verändern und zu verwerten, wobei CC BY-SA die zusätzliche Bedingungen enthält, dass auch bearbeitete Fassungen in gleicher Weise freigegeben werden müssen. Diese Lizenz kommt zum Beispiel in der Wikipedia zum Einsatz. Bei der Verzichtserklärung CC0 wiederum geht die Freigabe weiter als bei CC BY, denn dabei verzichten alle, die Urheber- oder andere Rechte am jeweiligen Werk haben, gänzlich auf diese Rechte bzw. ihre Geltendmachung. Das ist die umfassendste Form der Freigabe und erzeugt maximale Nachnutzbarkeit.
Über Wikimedia Österreich
Der gemeinnützige Verein Wikimedia Österreich unterstützt die Menschen hinter Wikipedia und ihre Ideen. Wir fördern Infrastruktur, Treffen oder Workshops. Wir vergeben Stipendien, ermöglichen Projekte und bieten technische Hilfe an. Wikimedia Österreich fördert aber auch den Grundgedanken jenseits der Enzyklopädie: Unser Ziel ist es, dass Freies Wissen Teil unseres Alltags wird. Wir wollen, dass kollaboratives Lernen mit frei nutzbaren Inhalten in Klassenräumen und Hörsälen selbstverständlich wird.
Rückfragen & Kontakt:
Claudia Garád
Geschäftsführerin Wikimedia Österreich
E-Mail: claudia.garad@wikimedia.at
Tel.: +43 699 141 28615